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Matthias Krause

Ikebana Figur IV,
Installation und Ausstellungsansicht, Kunsthalle zu Kiel, 2010

hintermeissen
C-Print, 36 x 27 cm,
Ausstellungsansicht, hinterconti, Hamburg, 2009
in Kooperation mit Normen Perke

KARG, Ausstellungsansicht, Cluster, Berlin, 2009

LQ Rezi
Ausstellungsansicht Kunst und Ausstellungshalle der BRD, Bonn, 2007
Unteres Bild: Atelier

 

Der mit der härtesten Tür
Text von Hans-Jürgen Hafner

Das Bemerkenswerte an, im kunsthistorischen Sinne, Konzeptualität ist weniger, dass sie immer noch Thema ist. Bemerkenswert daran ist vielmehr, dass und wie gerade der Darstellungsmodus oder ‚Look’ historischer Konzeptualität bis heute eine einerseits vielfältige und geradezu unerschöpfliche Ausdeutung im Rahmen der künstlerischen Produktion erführt. Und wie andererseits ein längst ideologisch gewordener Begriff des Konzeptuellen als ebenso unerschütterbarer wie multifunktionaler Topos schier nicht aus der kunstbetrieblichen Vermittlungsarbeit wegzudenken ist. Was aber heißt es heute, als Künstler konzeptuell zu arbeiten? Wie sähe das aus und was würde es bedeuten? Ja, kann oder muss man das überhaupt noch?
Wenn die Leistung der historischen Konzeptkunst darin bestand, das modernistische Paradigma einer medienspezifischen und selbstkritischen Kunst sozusagen auf die Spitze zu treiben und gleichzeitig von der vorherigen ästhetischen Binnenperspektive der künstlerischen Produktion nicht nur auf die gesellschaftliche, ökonomische und politische Umgebung zu projizieren sondern unmittelbar auf sie einzuwirken, wie daran unter aktuellen Bedingungen anschließen?


Die unter ehemals künstlerischen Vorzeichen begonnene Theoretisierung der Kunst hat sich seither auf verschiedenen Ebenen, von der tatsächlich ästhetischen Praxis bis hin zu kultur- und bildungspolitischen Agenden mit verschiedenen sehr konkreten Effekten niedergeschlagen. Denn die Spielräume des Künstlerischen haben sich in diesem Zuge mehr und mehr zu einer Auffassung der Kunst als Wissensfeld neben anderen nahezu entspezifiziert. Von der Angleichung der Kunst an die Geisteswissenschaften zeugen – auch bildungspolitisch funktional gemachte – Konzepte wie artistic research und visual research mit ihren klaren Tendenzen zu Akademisierung und Objektivierung.


Insofern könnte es interessant sein, ein künstlerisches Forschungsprojekt in den Blick zu nehmen, das einer etwas anderen Stoßrichtung zu folgen scheint. Zwar liegt es für das um die Eckpunkte Recherche und Inszenierung angelegte Projekt von Matthias Krause durchaus nahe, von einer konzeptuellen Arbeitsweise zu sprechen. Er schließt dafür an konzeptuell bestens etablierte Tools wie dem Archiv und der Sammlung sowie dem Einsatz situationsspezifisch eingerichteter, multimedialen Displays an, die Arbeits- oder Studioatmosphäre vermitteln könnten. Und außerdem scheint sich sein Verfahren, strukturell entsprechend, einer diskursiven Logik zu verschreiben in der Art und Weise, wie Krause die Aspekte der Recherche, der Sammlung und Wissensordnung formal übersetzt. Ja, wie er diese geradezu zu spiegeln scheint in installativen und variativ auf spezifische Anlässe und Kontexte, auf Ausstellungsgelegenheiten und Raumsituationen zugeschnittenen Inszenierungen. Dabei setzt Krause wiederholt Elemente ein, die wir mit (Atelier-)Arbeit, Verwaltung oder Lehre konotieren, wie etwa aus Böcken gebildete Arbeitstische, Stapelsysteme, Stellwände, Dialeinwände etc.
Dennoch ordnen sich diese Displays nicht dem in ihnen angeordneten archivalischen Material unter. Sie dienen keineswegs der Vermittlung des solcherart gesammelten und geordneten Wissens.


Ja, ganz im Gegenteil hat es Anschein, als würden diese Displays völlig ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten gehorchen und damit mehr und mehr zum Ambiente, zu Räumen des Ereignishaften werden. Als hätten diese Displays darüber hinaus eigene und ganz andere Geschichten zu erzählen, wie sie auf formaler wie inhaltlicher Ebene verzwickt-verzweigte Leseweisen stiften, gegenüber denen das – auslösende?, Ideen gebende?, Struktur stiftende? – Archiv mit seinen möglichen Anliegen buchstäblich in den Hintergrund tritt.


Für seine Ausstellung Karg, 2009 im Berliner Ausstellungsraum Cluster, hatte Matthias Krause vor allem mittels Stellwänden und radförmigen, aus Arbeitsböcken konstruierten Skulpturen ein performativ-flexibel gehandhabtes In-Situ-Erlebnis-Display eingerichtet, das sich in einem dezidiert behaupteten Bezug zu Clubkultur verstand.


Doch war – abgesehen von der weitestgehend verdunkelten Ausstellungssituation bzw. der teilweisen, spärlich gehaltenen Beleuchtung einzelner Zonen – der Bezug zum Club als Referenzmodell nur auf einer abstrakt-metaphorischen Ebene nachvollziehbar. Karg schien geradezu darauf hin getrimmt zu sein, ohne allen direkten Bezug wie etwa Musik oder Türsteher, die Grundstruktur der gemeinschaftlichen Verpflichtung nach innen und die nur für Eingeweihte lesbaren programmatisch-exklusive Codierung nach außen, wie sie für die Idee des Clubs konstituierend ist, imitativ in Szene zu setzten: in Form eines bühnenhaften Settings, über dessen, sozusagen, rekursive Struktur sich seine ‚Nutzer’ verständigen und sich innerhalb dieser Struktur verorten konnten. Wenn außerdem im Rahmen von Karg ein übrigens hoch assoziatives Motiv aus Krauses Archiv – in Form eines elegant gerahmten Silbergelatineabzugs der Darstellung eines Fraktals – zu sehen war, dann ebenfalls in einem rekursiven Sinne: als weiteres Requisit unter Requisiten im Rahmen eines künstlerischen Gestaltungs- und Entscheidungsprozess. Dieser sehr spezifisch künstlerische Gestaltungs- und Entscheidungsprozess scheint allerdings auch bei anderen Arbeiten Krauses, ja, beinahe als das eigentliche Thema seines Projekts auf.


Im Spannungsfeld zwischen subjektiver Setzung und allgemeiner Lesbarkeit, in der Polarität zwischen Arbiträren und Konzeptuellen, auf Basis verfügbarer Materialien und potenzieller/ideeller Gestaltungsspielräume, als visuell nachzuvollziehender Diskurs und materiell zu konkretisierende Idee, in zweifacher Weise sowohl an die Binnenwirklicheit der Kunst wie das wirkliche Leben adressiert ist dieser künstlerische Prozess auf allen Ebenen von sensiblen Ein- und Ausschlüssen, ständiger Standortbestimmung und -justierung bestimmt. In diesem Sinne wäre Matthias Kraus Modell, Clubbetreiber und Stammgast zugleich zu sein. Auch in dem Sinn, weil ihm klar zu sein scheint, wann und wie sehr Konzepte konkret werden müssen.

Text zum Herunterladen (0,2 MB)


Biografie

1980

geboren in Leipzig, lebt und arbeitet in Berlin

2000- 2003

Ausbildung zum Fotografen, Leipzig

2004- 2009

Studium der Medienkunst an der Muthesius-Kunsthochschule Kiel
bei Ralf Weißleder und Matthias Meyer, Else Gabriel, Thorsten Goldberg

ausstellungen

2010
„Ikebana Figur IV“, Muthesius-Preis 2010, Kunsthalle zu Kiel (G)

2009
“KARG”, Cluster, Berlin (S)
“hintermeissen”, hinterconti, Hamburg, in Kooperation mit Normen Perke (S)
„private show for a girl“, Freiwilligentreff, Berlin (G)
“IIIIIIIIIIII”, Kunsthaus Speckstrasse, Gängeviertel, Hamburg (G)
„Werkschau“, Freiwilligentreff, Berlin (G)
„Gesichter”, Galerie Juni, Kiel (G)
„große Aus...Werkschau“, Freiwilligentreff, Berlin (G)
„Pfandflaschenausgabe”, in Kooperation mit der Gruppe Porschismus, Freiwilligentreff, Berlin (G)
“Things are what they used to be”, Plattencover für die englische Band ZOOT WOMAN, in Kooperation mit Normen Perke

2008
“Abseits 08”, F.I.T., Berlin (G)
“New Order”, Cluster, Berlin (G)

2007
“Kunststudentinnen und Kunststudenten stellen aus”, Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn (G)
“Gottfried Brockmann Preis” Stadtgalerie Kiel (G)
“Abseits 07”, Galerie Oel-Früh, Hamburg (G)
“sending shivers, breaking dreams instantly...”, Prima Kunst, in Kooperation mit Holger Langer, Stadtgalerie Kiel (S)
“sich die Außeneinrichtung aneignen”, kuratiert von Miriam Pietrusky, Ackerstr. 18, Berlin (G)
“!REVOLUTION? PERISCOP”, centre d’art passerelle, Brest, Frankreich (G)

2006
„Abseits 06“, Ballermann – die Ausstellung, Kunsthalle zu Kiel (G)
„Teilnehmende Beobachtung“, kuratiert von Ralf Weißleder, Brunswiker Pavillon, Kiel (G)
„Kokeln im Knick“, Cluster, Berlin (G)

 

Projekte

2010
BLACK DOOR ISTANBUL
is a Platform in Karaköy. Better defined, a Platforum.
BDI's purpose is to accumulate a selection of specific communications. It contains a repository of works, networks and documentation from international artists, critics and persons supportive of the BDI directive within Turkey.
On one hand BDI engages practice, positions and modes which can be ascribed as part of the art operating system. On the other, BDI attempts to observe and moderate the upcoming movements in the fields of socio-cooperative action relative to the current art matrix.
BDI's programming is without parameter. Exhibition, screening, lecture, performance, and public presentation will all focus toward contact and engagement.
BDI will release what transpires in Karaköy, by way of sequencing reviews, documentation, and publication produced via a self-critical way of initiating an idea.

2009
„Überlebensstrategien im Kunstbetrieb. Schnittstellen von Selbstdefinition, Netzwerkarbeit und Zwischenexistenz“, Workshop, mit Barbara Buchmaier und Christine Woditschka, Cluster, Berlin 2008 und 2009

„Freiwilligen Treff Berlin“, Kooperation mit Paul Philipp Heinze und Andy Kania, 2009
„Pfandflaschenausgabe“, Kooperation mit der KünstlerInnengruppe Porschismus, 2009

Bibliografie

"Muthesius-Preis 2010", Kunsthalle zu Kiel
„Gottfried Brockmann Preis 2007“, Stadtgalerie Kiel, ISBN 978-3-927979-72-7
„Kunststudentinnen und Kunststudenten stellen aus“, 2007, Kunst und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn
„Ballermann – Die Ausstellung“, Kunsthalle zu Kiel, 2006, ISBN 3-937572-54-6

Links

www.crause.blogspot.com

www.blackdooristanbul.com
www.porschism.us

Texte

Hans-Jürgen Hafner: Matthias Krause: Der mit der härtesten Tür (PDF 0,3 MB)

 

Ausstellungen von Matthias Krause bei Cluster

"Karg"
"New Order"
"Trojanische Pferde"
„Kokeln im Knick“

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